Exkurs

Dieser Exkurs ist für all diejenigen gedacht, die sich mit dem tieferen Hintergrund meiner beratenden Tätigkeit befassen wollen. Menschliche Systeme sind unendlich komplex. Trotzdem können Sie etwas tun, um die Komplexität besser zu beherrschen. Die Werkzeuge der IPM GmbH sind auf ein Verständnis der dynamischen Komplexität ausgerichtet. Sie machen grundlegende Strukturen und Verhaltensmuster sichtbar, die von der täglichen Hektik und den unablässig wirkenden äußeren Einflüssen überdeckt werden. Sie sollen dazu beitragen, dass Sie besser erkennen, warum "alte" Lösungen scheitern und welche Handlungen die größte Hebelkraft entfalten.

Konstruktivismus im Allgemeinen

Kernaussage:
Unsere Wahrnehmungsbedingungen machen es uns unter keinen Umständen möglich, die Welt insgesamt oder teilweise außerhalb unserer eigenen physischen und psychischen Grenzen zu erkennen. Wir nehmen nur eine je beobachterabhängige, individuelle Realität war.

Wenn wir zum Beispiel eine Farbe, beispielsweise Gelb, sehen, sehen wir nicht die eigentliche Farbe. Vielmehr nimmt unser Auge mit den entsprechenden Rezeptoren diese Wellenlänge des Lichtes auf, die in unserem Gehirn und nur dort zu dem verarbeitet wird, was wir Gelb nennen. Ob dieser Prozess bei allen gleich ist und ob Sie und ich auch nur annähernd dasselbe sehen, wenn wir über Gelb reden ist somit sehr fragwürdig.

Radikaler Konstruktivismus:

Der radikale Konstruktivismus geht noch weiter. Er besagt, dass es überhaupt keine ontologische, d.h. absolute und unabhängige Wirklichkeit gibt. In diesem Zusammenhang stellte der Bischof Berkleye schon im 18. Jahrhundert die Frage: ,,Verursacht ein Baum der im Wald umstürzt auch dann ein Geräusch, wenn niemand da ist, es zu hören?"

Paul Watzlawick und der Konstruktivismus

Paul Watzlawick betrachtete den Konstruktivismus hinsichtlich der menschlichen Kommunikation. Es ging ihm darum zu zeigen, dass das, worauf wir uns in zwischenmenschlichen Beziehungen als Realität beziehen, häufig nicht etwas objektiv Vorhandenes, also im herkömmlichen Sinne ,,Wirkliches" ist, sondern vielmehr etwas, was wir selbst herstellen oder etwas, dem wir eine für ,,eigentlich" gehaltene Bedeutung selbst zu schreiben. Dabei betrachtet er die menschliche Kommunikation als offenes System, das heißt, das zwei Personen die kommunizieren nicht als Einzelwesen zu sehen sind, sondern miteinander ein Ganzes, ein System bilden. In diesem System gibt es Rückkopplungen, so dass die Art der Kommunikation von Person A nicht nur eine bestimmte Wirkung hat, sondern gleichzeitig die Kommunikation der Person B mit bestimmt.
Paul Watzlawick machte folgenden Unterschied zwischen der Wirklichkeit erster und zweiter Ordnung: In der Wirklichkeit erster Ordnung geht es um die physikalischen Eigenschaften eines Objekts. In der Wirklichkeit zweiter Ordnung geht es um die Zuschreibung von Sinn, Bedeutung und Wert dieses Objektes. Der Optimist und der Pessimist, die sich über das halbvolle bzw. halbleere Weinglas unterhalten, haben zwar die selbe Wirklichkeit erster Ordnung, aber zwei grundverschiedene Wirklichkeiten zweiter Ordnung.

"Ein Maurer, der ausschließlich mit Ziegelsteinen baut, wird früher oder später zu dem Schluss kommen, dass alle Fenster- und Türöffnungen einen Bogen haben müssen, der das obere Mauerwerk tragen kann. Wenn der Maurer dann glaubt, er habe ein Gesetz der absoluten Welt entdeckt, so irrt er in ganz ähnlicher Weise, wie Kant irrte, als er glaubte, dass alle Geometrie euklidisch sein müsse.

Was immer wir als Bausteine wählen, seien es Ziegel oder Euklids Elemente, bestimmt Grenzen. Wir erfahren diese Grenzen aber sozusagen nur von "innen", aus der Ziegelperspektive oder aus der euklidischen Perspektive. Die Schranken der Welt, an denen unsere Unternehmen scheitern, bekommen wir nie zu Gesicht. Was wir erleben und erfahren, erkennen und wissen, ist notwendigerweise aus unseren eigenen Bausteinen gebaut und lässt sich auch nur auf Grund unserer Bauart erklären."

(Ernst von Glasersfeld in "Die erfundene Wirklichkeit", Paul Watzlawick (Hg.), Piper Verlag München, 1999).

Kurzbiographie
Paul Watzlawick wurde 1921 in Villach Österreich geboren, wo er auch seine Kindheit und Jugend verbrachte. Nach dem Matura studierte er in Venedig Philosophie und moderne Sprachen. Nach Abschluss dieser Studien wurde der junge Dr. Phil. am C.G. Jung-Institut in Zürich zum Psychotherapeuten ausgebildet und betrieb anschließend eine eigene Therapie- Praxis. 1957 wurde er an die Universität von El Salvador berufen. Im Jahr 1960 holte ihn der Psychotherapeut Don D. Jackson nach Palo Alto in Kalifornien, wo Paul Watzlawick am Mental Research Institut tätig war. Seit 1976 lehrt er an der Stanford University in Palo Alto in Kalifornien.
Paul Watzlawick hat sich einen Namen als Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler gemacht. Er veröffentlichte mehrere wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Sachbücher.
1969 veröffentlichte er in Zusammenarbeit mit Don D. Jackson und J.H. Beavin das Buch ,,Menschliche Kommunikation", indem sie die Grundmuster von Kommunikations-Strategien aufdeckten. Später folgten ,,Lösungen"(1974), ,,Wie wirklich ist die Wirklichkeit"(1977), ,,Die Möglichkeiten des Anders-Sein"(1977), ,,Anleitung zum Unglücklich-Sein"(1983), 
,,Vom Schlechten des Guten" (1986). 

vgl. Watzlawick, Paul: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn - Täuschung - Verstehen. München 1993.


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